Montag, 18. Januar 2016

FRANZ ANTON MESMER - DER ERSTE KÖRPERTHERAPEUT DER NEUZEIT

Mit Franz Anton Mesmer beginnt auch die Geschichte der modernen Körpertherapie. Wie hier bei Ellenberger (Henry F. Ellenberger: Die Entdeckung des Unbewussten), so weist die offizielle wissenschaftliche Lesart zwei mehr oder weniger bedeutsame Simplifizierungen auf:

Die eine, bedeutsame, ist, in F. A. Mesmer den Entdecker der Hypnose zu sehen und damit den Urvater der dynamischen Psychologie. Dies wird, wie u.a. auch von Ellenberger, damit verknüpft, Mesmers lebensenergetisches Modell des sog. "animalischen Magnetismus" abzuwerten, als Suggestion oder Scharlatanerie abzutun, statt es einer ernsthaften Diskussion oder sogar Überprüfung anheim zu stellen. Ganz ähnlich, wie es zwei Jahrhunderte später dem Modell der von Wilhelm Reich postulierten Orgonenergie geschah. Wenn die von Mesmer postulierte Lebensenergie des sog. animalischen Magnetismus nicht existiert, dann lassen sich seine Heilungen nur mit einem anderen System erklären, und dieses ist naheliegenderweise dann ein System von Suggestion, die Hypnose.

Ein Argument, das die Lesart, in Mesmer den Urvater der Hypnose zu sehen, unterstützt, ist die Tatsache, dass sein wichtigster und wohl bekanntester Schüler, der Marquis de Puységur, tatsächlich den künstlichen Somnambulismus entdeckte und noch zu Mesmers Lebzeiten ein entsprechendes Modell des Mesmerimus popularisierte, das sich grundlegend vom lebensenergetischen Ansatz Mesmers unterschied.

Der andere unbedeutendere, aber psychologisch aufschlussreiche Mythos, der in obigem Zitat zum Ausdruck kommt, ist die Annahme eines am Lebensende "bitter enttäuschten" Mesmers. Dass dies so nicht stimmt, werde ich auf Grundlage der von mir angeführten Quellen zeigen können, die darauf hindeuten, dass die letzte Lebensphase Mesmers ebenso ungewöhnlich war wie sein vorangegangenes Leben, aber alles andere als "bitter".

(1)
Was Mesmer so bedeutend macht und ihm den ersten Platz in einer illustren Reihe berühmter Körper- und Psychotherapeuten verschafft, könnte man folgendermaßen skizzieren: Mit Mesmer beginnt die Geschichte der Psychotherapie als einer Methode, in der die Erkrankungen des Körpers und der Seele (noch) nicht als getrennt behandelt werden. Das methodische Bindeglied ist hier das Modell der Lebensenergie, die Mesmer als animalischen Magnetismus bezeichnet. Ob seine Methode als Hypnose, Suggestion, Übertragungsheilung oder Geistheilung interpretiert wird, ist einzig Lesart seiner späteren Interpreten. Mesmer selbst jedenfalls war sein Leben lang davon überzeugt, mit magnetisch-energetischen Kräften zu arbeiten und hat seine Theorie und Praxis allein auf dieser Grundlage entwickelt.

(2)
Die Beschreibungen seiner Methode legen nahe, dass Mesmer mit therapeutischen Handwerkszeugen meisterlich umzugehen pflegte, die in den späteren Entwicklungen der Psychotherapie entscheidende Funktionen übernahmen: Katharsis: ("Krisis" bei Mesmer), Regression (magnetischer Schlaf), Übertragung (Rapport).

(3)
Mit Mesmer betritt zum ersten Male ein Pionier der Körper-Seelen-Therapie die historische Bühne, der eine Jüngerschaft um sich schart, zum Gründer einer eigenen Schule wird, die über seine Zeit hinaus eine eigenständige Traditionslinie Therapie bildet. In der Tat existieren bis heute sog. Magnetiseure, die sich auf Mesmer berufen.

(4)
Solche Dualität von Therapeut und Schulengründer wird in der Persönlichkeit Mesmers verflochten durch ein gehöriges Maß an Sendungsbewußtsein, solange er im Rampenlicht der Öffentlichkeit stand. Wohl keiner seiner Nachfolger mit Ausnahme von Freud erreichte solche Popularität, wurde so heiß verehrt und so blindwütig gehasst wie Mesmer. In Übereinstimmung mit den meisten Pionieren findet sich Mesmers Überzeugung vom revolutionären Charakter seiner Erkenntnisse für die Wissenschaften vom Menschen.

(Fortsetzung folgt)

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